Darf ich bitten?
Fotografie und Papiercollage
Katja Tschirwitz
"Pfarrhof Veitshöchheim" 2025
Fotopapier auf Karton (85x65 cm)
"Celestially" 2025
handgeschnittene Papiercollage (30x23 cm)
"Inferno" 2020
handgeschnittene Papiercollage, 9 x 13 cm
Bestückt mit seltsamen Gebilden oder bewohnt von hybriden Wesen, können meine handgeschnittenen Papiercollagen bezaubern, beunruhigen oder amüsieren: Architekturfragmente, Stangen und Stöcke, grandiose leere Landschaften, gewonnen aus archiviertem Bildmaterial und selbst Fotografiertem. Der Mensch erscheint in Körperteilen, in Rückansicht oder als Statue ohne Augen, was ihn diffus zwischen Leben und Nicht-Leben rückt. Wurzelnd in der Zeit der Pandemie und mit dem Erbe der Surrealisten und Dadaisten im Gepäck, verschmelzen meine Collagen Vergangenheit und Heute zu einer poetischen Anderswelt, die Ironie und Makabres integriert. Sie suchen die starke, stille Poesie jenseits des Lebendigen und reagieren so ganz eigen auf die akuten Mehrfachkrisen unserer Welt.
Initialzündung für meine Fotoarbeiten war der Tod meiner Mutter, die mir 2022 eine hochwertige Kamera hinterließ.
Meine Fotoensembles nehmen Alltagsarchitektur, oft in und ums barocke Würzburg, in den Fokus: eine alte Fabrikhalle, Betonpfeiler im Pfarrhof oder Mediterranes in einer Seitengasse. Aus verschiedenen Ausschnitten ein- und desselben Bauwerkes entstehen facettenreiche, scharfkantige Fotoensembles. Neun verschiedene Teilansichten setzen Licht und Schatten sowie übersehene Details in Szene und machen die verborgene Spektakularität der Architektur sichtbar. Die angewandte Zweifachfotografie – erst Spiegelreflexkamera, dann Handy – haucht den Werken bei aller Strenge eine dezente Nostalgie ein, indem sie die Konturen der Objekte weich zeichnet. Besonders poetisch wirken jene Arbeiten, in denen die Natur unauffällig hineinwirkt, etwas als zarte Zweige im Hintergrund.
In meinen Solo-Fotografien werden Alltagsdinge zu Symbolen von großer Präsenz und Poesie: eine zerbrochene Puppe, ein altes Fahrrad im Garten oder entsorgte Armaturen, die – durch die Linse gewandert – zum luxuriösen Designerobjekt mutieren. Entstanden als Zweifachfotografien, bestechen auch diese Arbeiten durch ihre Weichzeichnung.
Alles beginnt ...
... am heimischen Bücherregal. Der Bildband über René Magritte, erreichbar auch für Kinderarme, wird wiederholt bestaunt. Auch Max Ernst ist präsent. Das Kind merkt sich alles und wird größer.
... geht weiter ...
... mit der Freude am Papier, gepaart mit dem Interesse am Sammeln und Archivieren von Tier- und Pflanzenbildern, Food-, Mode- und Architekturfotos.
Start in den Kulturjournalismus.
... und mündet ...
... im Jahr 2020 in eine Unzeit.
Die Welt steht still und gleichzeitig Kopf. Der Weg führt nach innen, Erfahrungen formieren sich, Neues drängt nach draußen. Die Zeit der Pandemie trägt Früchte, die bis heute weiter reifen. 2022 hinterlässt mir meine Mutter eine hochwertige Kamera.